BVerfG zur Verhältnismäßigkeit von Kanzleidurchsuchungen

Shownotes

Schwacher Verdacht, starker Eingriff – Durchsuchung ist unverhältnismäßig

Mit Beschluss vom 21. Juli 2025 – 1 BvR 398/24 hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwalts gegen eine Durchsuchung seiner Kanzleiräumen mangels Zulässigkeit verworfen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht daran gehindert, die Durchsuchungsanordnung des AG Hamburg (166 Gs 1195/23) systematisch zu prüfen. Dr. Rosinus erklärt in dieser Folge die ausführliche Verhältnismäßigkeitsprüfung des Bundesverfassungsgerichts und geht dabei auch auf die allgemeinen Anforderungen an eine Durchsuchungsanordnung ein. Abschließend erläutert er, wie die aktuelle kriminalpolitische Lage das BVerfG dazu bewogen haben könnte, die Durchsuchungsanordnung trotz der Abweisung der Klage systematisch zu prüfen.

Hier geht‘s zum BVerfG Beschluss vom 21. Juli 2025 – 1 BvR 398/24: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2025/07/rk20250721_1bvr039824.html

Hier geht‘s zur Folge „Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss“: https://criminal-compliance.podigee.io/168-cr

Hier geht´s zur Folge „Richtiges Verhalten bei behördlichen Durchsuchungen“: https://criminal-compliance.podigee.io/7-cr

Hier geht´s zur Folge „Beschlagnahme und Beschlagnahmeschutz im Strafverfahren, insbesondere bei BerufsgeheimnisträgerInnen“: https://criminal-compliance.podigee.io/167-cr

https://www.rosinus-on-air.com https://rosinus-partner.com

Transkript anzeigen

00:00:02: Rosinus on Air, der Criminal Compliance Podcast.

00:00:11: Ich bin Volker Pietzsch, bei mir ist Dr.

00:00:13: Christian Rosinus.

00:00:14: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Criminal Compliance Podcast.

00:00:18: Heute gibt es wieder ein Rechtsprechungsupdate und zwar geht es um einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom XXI.

00:00:26: Juli, twenty-fünfundzwanzig.

00:00:28: Darin hatte das Gericht über die Verfassungsmäßigkeit einer Durchsuchungsanordnung Für eine Rechtsanwaltskanzlei zu entscheiden.

00:00:35: Wieso ist dieser Beschluss relevant?

00:00:38: Also durch Suchung in Rechtsanwaltskanzleien sind natürlich immer von besonderer Bedeutung, nicht nur weil ich Rechtsanwalt bin, sondern weil das natürlich auch die Grundfesten unseres Rechtsstaats betrifft.

00:00:49: Und in letzter Zeit ist es leider öfter vorgekommen, es ist öfter bekannt geworden und der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts enthält jetzt einige sehr grundsätzliche und wichtige Ausführungen.

00:01:01: zur Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung bei Rechtsanwaltskanzleien.

00:01:05: Welcher Sachverhalt lag denn der Entscheidung zugrunde?

00:01:07: Also hintergrund ist ein zivilrechtlicher Honorarstreit zwischen einem Rechtsanmalt und einer ehemaligen Mandantin und in diesem Zusammenhang hat die Mandantin Starvanzeigen gegen den Rechtsanwalt unter anderem wegen versuchten Prozessbetrugs erstattet.

00:01:22: Und im Rahmen des Ermittlungsverfahrens führte die Anzeigenerstatterin belastende Aussagen einer Kanzlei-Mitarbeiterin oder eine E-Mein-Kanzlei-Mitarbeiterin ein.

00:01:32: Und danach hat das AG Hamburg eigentlich Zugungsanordnungen erlassen und zwar sollte bei der Rechtsanwaltskanzlei ein Computer sichergestellt werden.

00:01:42: Und hier gegen hat der Rechtsanwaltsbeschwerder eingelegt, dann wurde auch sozusagen ein paar Tage später, also der Durchsorgungsbeschluss.

00:01:49: Die Durchsuchung fällt am neunten Akkusestart und am achten September.

00:01:52: Weil das im Dreiundzwanzig wurde dann auch zugunsten des Rechtsanwalts im ZW-Prozess entschieden, in dem eben dieser Prozessbetrug vorgeworfen wurde.

00:02:00: Und die Beschwerde des Rechtsanwalts gegen die Durchsuchungsanordnung wurde dann von Landgericht Hamburg im Januar zwanzig vierundzwanzig verworfen.

00:02:07: Noch mal kurz zur Erinnerung.

00:02:08: Was sind die Voraussetzungen einer Durchsuchungsanordnung nach Paragraf hundertzwei fortlaufend STPO?

00:02:15: Man muss differenzieren erst mal zwischen der Durchsuchung beim Schuldigten nach unter zwei STPO und dann gibt es eben noch die Durchsuchung beim dritten nach unter drei STPO und da gibt es verschiedene höhere Anforderungen als bei der Durchsuchung beim Beschuldigten.

00:02:28: Jedoch ist für alle Durchsuchungen erforderlich, dass es einen Tatverdacht gibt, es genügt der Anfangsverdacht und es muss ein Durchsuchungszweck vorliegen, nämlich in der Regel sind das alles aufhin von Beweismitteln.

00:02:40: Und der Grundrechtseingriff, also die Durchsuchung muss verhältnismäßig sein und der Erlass eines Durchschulungsbeschluss steht auch unter dem sogenannten Richter hervorbehalten.

00:02:52: Das heißt, es muss von einem Gericht entschieden werden.

00:02:55: Außer in Eilfällen gibt es ein paar Ausnahmen.

00:02:57: Wir haben dazu alte Folgen, die wir in der Showload verlegen.

00:03:03: Also das Landgericht Hamburg hatte die Beschwerde als unbegründet verworfen, da die Voraussetzungen der Durchsuchung vorgelegen hätten.

00:03:09: Insbesondere habe nach Ansicht des Gerichts der Anfangsverdacht bestanden.

00:03:13: Dieser sei gestürzt gewesen auf Zeugenaussagen, Bankauskunft und ergänzende polizeiliche Feststellungen und insofern sei auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt.

00:03:22: Und

00:03:22: wie ging es dann weiter?

00:03:23: Der Rechtsanwalt hat Verfassungsbeschwerde eingelegt, gestürzt auf Verletzungen, der Unverletzlichkeit der Wohnung und des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Artikel XIII Absatz I Grundgesetz oder III Absatz I Grundgesetz.

00:03:34: Insbesondere wurde gerügt die besonderen Anforderung an der Verhältnismäßigkeit bei Durchsuchungen von im berufsgeheimen Stringerin, sein missachtet worden.

00:03:46: Und es gäbe auch keine Aufwindevermutung, denn da der Rechtsanwalt bereits am Juni, den Ermittlungen gegen ihn erfahren habe, hätte er ja auch gleich unterlagen beiseite schaffen können.

00:03:59: Weiter wurde angeführt, die Widersprüchtigkeit der Aussagen erzeugen.

00:04:02: Und wie hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?

00:04:04: Also einmal hat es die Verfassungsbeschwerde wegen Unzulässigkeit verworfen, da keine Rechtswickerschöpfung eingetreten sei.

00:04:10: Denn bei einer Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach unter drei Absatz eins Grundgesetz sei grundsätzlich eine Anhörung zurücküberfachgericht erforderlich.

00:04:21: Hier hätte also der Rechtsanwalt Gehörsrüge nach Dreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiunddreiundd.

00:04:27: Wir verlinken die Entscheidung auch natürlich in den Show-Notes.

00:04:29: Dabei hat es das Bundesverfassungsgericht aber nicht belassen, oder?

00:04:31: Ja,

00:04:32: also das Bundesverfassungsgericht hat zwar wegen Unzulässigkeit verworfen, aber trotzdem sehr ausführliche, inhaltliche, grundsätzlich eine Ausführung gemacht.

00:04:40: Laut dem Bundesverfassungsgericht zahlen sowohl die Durchsuchungsordnung und die Entscheidung um die Schwerte unverhältnismäßig.

00:04:46: Bei der Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlage gebe hier die Gesamtabwägung aller relevanten Umstände die Unangemessenheit der Durchsuchung.

00:04:53: Worin liegt denn die Besonderheit einer Durchsuchung bei einer Rechtsanwaltskanzlei?

00:04:56: Ja,

00:04:57: bei der Durchsuchung von Berufsgeheimnis-Dringern.

00:04:59: wie im Rechtsanwalt besteht Gefahr, dass von Artikel zwei Abs.

00:05:03: eins in Verbindung mit Artikel eins Abs.

00:05:05: eins Grundgesetz geschützte Daten von Nichtbeschuldigten wie zum Beispiel Mandanten, so Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen.

00:05:11: Gerade diese Daten dürfen Mandanten bei Rechtsanwälten grundsätzlich sicher werden.

00:05:15: Und grundsätzlich unterliegt auch die Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt und Mandant, den Beschlagnahverbot.

00:05:21: Es gibt einen einen grundsätzlichen Schutz des Vertrauensverhältnisses, der Verschwiegenheitspflichten, auch entsprechende berufsrechtlichen Vorgaben.

00:05:28: Und es gibt natürlich insbesondere dann was anderes, gilt natürlich dann, wenn der Rechtsanwalt an einer Tat selbst beteiligt ist oder wenn es sich um Tatwerkzeuge handelt.

00:05:37: Deswegen durch diese gesamte Gemengelager muss eben die Verhältnismäßigkeit sorgfältig geprüft werden.

00:05:44: Und als Ausdehungshilfe kann man etwa die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Artikel Acht EMRK hinzuziehen.

00:05:52: Insofern sagt gerade der IGMR, dass eine besondere Vertraulicherkeitserwartung züglich Rechtsanwaltskorrespondenz im Verkehrskreis besteht.

00:06:01: Worin lag jetzt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Unverhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnung?

00:06:06: Also das wird insbesondere damit begründet, dass einerseits allenfalls eine geringe Schwere das Tatvorwurf vorgelegen habe, sich meine reinen schwachen Anfangsvertrag gehandelt habe, ein sehr geringer gerade Auffindewahrscheinlichkeit vorgelegen hätte, aber andererseits ein sehr schwerer Eingriff vorgenommen worden sei und milder der Ermittlungsmethoden vorgelegen hätte.

00:06:28: Wie begründet

00:06:29: das Bundesverfassungsgericht diese Erwägungen im Einzelnen?

00:06:31: Einerseits beim Versuch mit Prozessbüro, läge die zu erwartenden Höchststrafen lediglich drei Jahre und neun Monate.

00:06:38: Das Schutzgut sei eben auch nur das Vermögen und das Zivilverfahren sei auch gar nicht abgeschlossen, so weit seine Luft dritten möglich.

00:06:45: Der schwache Anfangsverdacht wird damit begründet, dass eben offenkundige Widersprüche zwischen den E-Mails der Belastungszeugien und ihren Aushagen in der Polizei eine Vernehmung vorgelegen hätten, also insofern sei er glaubhaftigkeitsweifelhaft.

00:06:56: Und es gäbe ein Belastungsmotiv der Anzeigenerstatterin.

00:07:00: Das hämmelt sich um einen Honorastreit.

00:07:01: Es würden Sunkistiefragen gestellt worden sein.

00:07:05: Die Zeugien seien auch verwandt mit einem Prozessbeteil gewesen.

00:07:09: Und es gäbe eben diesen geringen, gerade aufwinde, Wahrscheinlichkeit direkt.

00:07:13: Rechtsanwalt erkennt, bis ich von der Ermittlung gehabt habe und sogar gegenüber der Staatsanwaltschaft offengelegt wurde.

00:07:19: Was sprach außerdem noch gegen die Verhältnismäßigkeit?

00:07:22: Also sind sie Eingriffsintensität, es war eben komplette Datenträger sichergestellt worden und so weit seien durch diese breite Streuen unbeteiligt jemand anderen beschroffen gewesen.

00:07:31: Die Anordnung sei deutlich zu weit gewesen, nicht eben auf das konkrete Mandat bestränkt.

00:07:35: Außerdem haben man in der Anordnung eine Abwendungsbefugnis ausgeschlossen, also dass man es rausgibt.

00:07:41: Und es gäbe viel mildere Ermittlungsmethoden, z.B.

00:07:45: hätte die aktuelle Zielverfahrens beibezogen werden können.

00:07:48: Und es handelt sich in soweit einem eine bloße Ausforschungsdurchsuchung einer sogenannten Fishing Expedition.

00:07:54: Und zusammengenommen sprechen die Umstände eben erheblich gegen die Angemessenheit.

00:07:59: Wieso

00:07:59: hat sich das Bundesverfassungsgericht zu diesen Feststellungen veranlasst gefühlt?

00:08:02: Das ist natürlich eher spekulativ, sich dazu zu äußern.

00:08:06: Allerdings häufen sich in letzter Zeit durchsuchen wir Rechtsanwaltskanzleien, was tatsächlich auch die Verkehrserwartungen an die Vertraulichkeit der Anwaltskorrespondenz einfach schmälert und auch eine gewisse Tendenz bei Strafverfolgungsbehörden.

00:08:21: die eben die Organe der Rechtspflege in der Stelle vielleicht auch nicht so achten, wie sie sollten sozusagen.

00:08:27: Also da gibt es eine gewisse Grundentenz.

00:08:29: Und man hat manchmal bei einem Bundesverfassungsgericht den Eindruck, dass sie sich auch quasi dazu berufen fühlen, die Richterinnen und Richter dort, dass man die Strafverfolgungsbehörden auch mal an die Strafprozesse waren, Grenzen ihres Tunes erinnert.

00:08:44: Insoweit ist es sinnvoll, auch im Hinblick auf frühere Entscheidungen, wie etwa die durchsuchen bei John's Day im Diesel-Skandal, wo die Entscheidung gehalten worden ist, sozusagen damals.

00:08:56: Vielleicht ist es insoweit auch sinnvoll achtet worden, sie entsprechend das klarzustellen.

00:09:01: Jedenfalls ist das natürlich eine sehr praxiselewante Entscheidung, die auch natürlich vielfältig Aufmerksamkeit gefunden

00:09:07: hat.

00:09:07: Danke für das

00:09:07: Gespräch.

00:09:08: Ihnen wieder.

00:09:08: Danke fürs Zuhören.

00:09:10: Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, melden Sie sich wie immer jederzeit gerne unter Info-Ed, Rosinos minus on, minus er, kommen.

00:09:17: Bis zum nächsten Mal.

00:09:19: Der Podcast stellt lediglich einen allgemeinen Überblick über rechtliche Themen dar und ersetzt selbstverständlich keine Rechtsberatung zu konkreten Fragestellungen im Einzelfall.

00:09:29: Bei Fragen wenden sie sich an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihres Vertrauens, natürlich auch gerne an uns.

00:09:36: www.rosinus-on-r.com oder unter www.rosinus-partner.com.

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