Sanktionsrechtliche Hinweispflichten

Shownotes

Sanktionsverstöße – Unternehmen und Privatpersonen in der Pflicht

In der aktuellen Folge berichtet Dr. Leonhardt über sanktionsrechtliche Hinweispflichten. Er geht auf die FAQs des BAFA ein, die (unverbindliche) Auslegungshinweise der weit gefassten Pflichten beinhalten. Dr. Leonhardt skizziert typische Konstellationen, die die Hinweispflicht auslösen und zeigt auf, in welchen Fällen für die Praxis noch Unsicherheiten bestehen. In diesem Zusammenhang erläutert er die Rolle der zuständigen Behörden und welche Folgen bei Verstößen drohen können. Zum Schluss beleuchtet Dr. Leonhardt, wieso die sanktionsrechtlichen Hinweispflichten aus rechtsdogmatischer Perspektive diskussionswürdig sind und gibt einen Überblick, worauf im konkreten Fall zu achten ist.

Hier geht‘s zur Übersicht des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu den Russland-Embargos: https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Embargos/Russland/russland_node.html

Hier geht’s zur Folge „Die Russland-Sanktionen im Fokus – Was müssen WirtschaftsteilnehmerInnen beachten?“: https://criminal-compliance.podigee.io/92-cr

Hier geht’s zur Folge „Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II“: https://criminal-compliance.podigee.io/140-cr

Dr. Arthur Leonhardt ist Rechtsanwalt und seit April 2025 als Salary Partner bei Rosinus | Partner Rechtsanwälte PartG mbB tätig. Er berät in allen Bereichen des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts und schwerpunktmäßig zu außenwirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Dr. Leonhardt ist erreichbar unter a.leonhardt@rosinus-partner.com

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Transkript anzeigen

00:00:02:

00:00:12: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Criminal Compliance Podcast.

00:00:16: In der heutigen Folge spreche ich mit Rechtsanwalt Dr.

00:00:18: Arthur Leonhardt über sanktionsrechtliche Hinweispflichten.

00:00:23: Dabei handelt es sich um eine dem deutschen Recht eher fremde Pflicht, die aber schnell jedermann betreffen kann.

00:00:29: Und bevor wir starten, vielleicht können Sie mit einer kurzen Vorstellung beginnen.

00:00:32: Hallo und sehr, sehr gerne.

00:00:34: Mein Name ist Arthur Leonhardt und ich bin seit April dieses Jahres als Selleriepartner bei der Kanzlei Rosinos und Partnertätig.

00:00:40: Wie wahrscheinlich allgemein bekannt beraten wir zu allen Fragen des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts und der Compliance.

00:00:46: Und ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit stellt die Beratung zur außenwirtschaftsrechtlichen Fragestellung dar und freue mich sehr, heute das erste Mal beim Criminal Compliance Podcast dabei sein zu dürfen.

00:00:57: Was sind denn nun diese eingangs erwähnten sanktionsrechtlichen Hinweispflichten?

00:01:02: Die Hinweisflechten sind in den unmittelbar geltenden Sanktionsverordnung der Europäischen Union enthalten.

00:01:09: Das wohl bekannteste Beispiel ist die Regelung des Artikel VI B der Russland-Embarge Verordnung, also der Verordnung, Und danach sind natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen verpflichtet, Informationen, die die Umsetzung dieser Vorordnung erleichtern, der zuständigen Behörde des Mietbietstads zu melden.

00:01:33: Die Meldung muss innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der umsetzungserleistenden Informationen erfolgen und außerdem besteht die Pflicht, mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung solcher Informationen zusammenzuarbeiten.

00:01:47: Und ähnlich ausgestaltete Hinweispflichten findet man auch in anderen sanctionsverordnung.eu.

00:01:53: Das hört sich jetzt sehr weitläufig an.

00:01:55: Was versteht man unter dem Begriff Informationen, die die Umsetzung der Sanktionsverordnungen erleichtern?

00:02:02: Ja, das ist in der Tat sehr weitläufig.

00:02:04: Das Bundesamt für Wirtschafts- und Ausfurgontrolle, sprich das BAFA, schreibt in seinen häufig gestellten Fragen, also FAQs, dass die Hinweispflicht Alle sachdienlichen Informationen über Verletzungen und Umgehungen, den der Verordnung festgelegten Verbote umfasst.

00:02:22: Auch Informationen über Versuche, der Verletzung oder Umgehung von Verboten, sollen von der Hinweispflicht umfasst sein.

00:02:29: Die Hinweispflicht entstehe mit Kenntniserlangung von einer solchen sachdienlichen Information.

00:02:36: Den Hinweispflichtigen obligelt zwar keine Recherchepflicht im Hinblick auf die Substanzierung der Informationen, Die Informationen sollten aber eine gewisse Qualität aufweisen, die den Behörden weitergehende Ermittlungen erlauben.

00:02:49: Also vereinfacht gesprochen, muss ich also mir bekannt gewordene Verstöße gegen Sensionsverordnung bei den Behörden melden.

00:02:57: Die FAQs des BAFA verlinken wir natürlich gerne in den Show-Notes zu dieser Folge.

00:03:01: Dieser Auslegungshinweis des BAFA strengt die Hinweispflicht nur wenig ein.

00:03:05: Gibt es eventuell noch weitere Einschränkungen?

00:03:08: Ja, die gibt es.

00:03:09: Und zwar wird einerseits das anweigliche Mandatsgeheimnis geschützt.

00:03:14: Das heißt, Rechtsanwälte müssen keine Meldung über etwaige Sanktionsverstöße ihrer Mandanten abgeben.

00:03:21: Und andererseits besteht nach Auslegung des BAFA auch keine Verpflichtung, Informationen an Behörden weiterzugeben, die das Risiko einer Strafverfolgung gegen sich selbst oder einen nahen Angehörigen begründen könnten.

00:03:34: An wen müssen die Umsatz erleichternden Informationen gemeldet werden?

00:03:38: Zuständige Behörde für die Entgegennahme von Informationen ist das BAFA.

00:03:43: soweit Güter und Güterbezogene Dienstleistungen betroffen sind, während Informationen betreffen Gelder, Finanzmittel oder Finanzhilfen, die Deutsche Bundesbank entgegennimmt.

00:03:53: Und was passiert, wenn man gegen die Hinweispflicht verstößt?

00:03:56: Sowohl vorsätzliche als auch fahrlässige Verstöße gegen die Hinweispflicht stellen eine Ordnungswährigkeit dar.

00:04:03: Das ist in §.

00:04:05: XIX Abs.

00:04:05: V des Außenwirtschaftsgesetzes kurz AWG geregelt.

00:04:10: Vorsätzliche Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.

00:04:16: Bei fahrlässigen Verstößen kann die Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro betragen.

00:04:22: Diese Summen erscheinen zwar insbesondere aus Unternehmenssicht, jetzt nicht exorbitant hoch.

00:04:28: Allerdings können sich die Geldbußen in Fällen von mehrfachen Verstößen gegen die Hinweispflicht summieren.

00:04:33: Also wenn ich von mehreren Verstößen Kenntnisse erlangt habe und diese mehrfach nicht gemeldet habe, würde sich die Summen addieren.

00:04:41: Und aus Sicht eines Unternehmens, das grenzüberschreitend tätig ist, sollte man darüber hinaus bedenken, dass Verstöße gegen das Außenwirtschaftsrecht unter anderem zu Anordnung einer Außenwirtschaftsprüfung oder notorische Verstöße sogar zur Versagung der vereinfachten Zollanmeldung führen können.

00:04:58: Das heißt, eine solche außenwirtschaftsrechtliche Unzuverlässigkeit kann auch dazu führen, dass beantragte Ausvorgenehmigungen vom BAFA versagt werden.

00:05:07: Ein Verstoß gegen die Hinweispflichtet wahrscheinlich schwer aufzudecken sein oder gibt es in der Praxis Faktoren, die das Entdeckungsrisiko erhöhen.

00:05:15: Wichtig ist, dass die Hinweispflicht, die jeder Mann trifft und Bußgeld bewährt ist.

00:05:20: Haben also mehrere Personen Kenntnis von zum Beispiel einem Sanktionsverstoß erlangt, ist grundsätzlich jede von ihnen verpflichtet, den Verstoß beim BAFA oder bei der Bundesbank zu melden.

00:05:31: Und sobald eine solche Meldung in der Welt ist, können natürlich Ermittlungen aufgenommen werden, wer von dem Sanitionsverstoß sonst noch Kenntnis hatte und ob diese Person wiederum ihrer Hinweispflicht nachgekommen ist.

00:05:44: Gibt es denn eine Möglichkeit auch nach Ablauf der zweiwöchigen Frist, zur Mitteilung die Festsetzung einer Geldbuße zu verhindern?

00:05:51: Ja, nach §.

00:05:52: XXII Absatz IV AWG unterbleibt die Verfolgung als Ordnungsfähigkeit in den Fällen der fahrlässigen Begehung eines Verstoßes gegen die Hinweispflicht, wenn – jetzt kommen Voraussätze in die Cumulativ vorlegen müssen – zum einen muss der Verstoß gegen die Hinweispflicht im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt sowie angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund getroffen werden.

00:06:20: Außerdem muss diese Anzeige freiwillig erfolgen.

00:06:24: Eine solche untechnisch gesprochene Selbstanzeige gilt dann als freiwillig, wenn die zuständige Behörde hinsichtlich des Verstoßes gegen die Hinweispflicht noch keiner Ermittlung aufgenommen hat.

00:06:37: Und die Selbstanzeige müsste nicht mehr beim BAFA oder bei der Bundesbank eingereicht werden, sondern bei der für die Verfolgung von verstößen zuständigen Behörde, also beim örtlich zuständigen Hauptsulamt.

00:06:49: Besonders wichtig an dieser Stelle ist, dass nur die Offenlegung fahrlässiger Verstöße gegen die Hinweispflicht strafbefreiende Wirkung entfalten kann.

00:06:59: Und spannend sind in der Praxis vor allem die Fälle, wenn erst nachträglich Kenntnis davon erlangt wird, dass es überhaupt eine Hinweispflicht gibt.

00:07:08: Im Strafrecht würde man nämlich aus rein dogmatischer Sicht sagen, dass die Nichtkenntnis eine Geburtsnorm den Vorsatz nicht entfallen lässt, und es sich nur um einen sogenannten Geburtsirrtum handelt.

00:07:22: Ein solcher Geburtsirrtum nach Paragraph siebzehn ist die GB, wirkt nur dann entschuldigend, wenn er unvermeidbar war, woran bekanntermaßen recht hohe Anforderungen gestellt werden.

00:07:34: Im Ordnungswidrigkeitenrecht gibt es aber eine Besonderheit.

00:07:38: Da wird nämlich die Ansicht vertreten, dass die Unkenntnis von einer rechtlichen Handlungspflicht ein vorsätzliches Unterlassen ausschließt.

00:07:48: Die Folge wäre dann, dass ein Unterlassen in Unkenntnis der Hinweispflicht nur fahrlässig wäre.

00:07:56: Somit wäre es also noch möglich, von einer strafefreien Selbstanzeige nach Paragraf twenty-two Absatz vier AWG gebraucht zu machen.

00:08:06: An dieser Stelle sollte aber vielleicht auch erwähnt werden, dass es zu dieser Frage noch keine gefestigte Rechtsprechung gibt.

00:08:13: Und es sollte also im Einzelfall genau geprüft werden, Opfern einer solchen Selbstanzeige nach §.

00:08:19: XXI Abs.

00:08:20: IV AWG Gebrauch gemacht werden soll.

00:08:23: Wir hatten Eingangs erwähnt, dass die Hinweispflicht dem deutschen Recht eher fremd ist.

00:08:28: Was kann man sich darunter vorstellen?

00:08:29: Was sind in dieser Hinsicht die neuralgischen Punkte?

00:08:33: Die Hinweispflicht ist insbesondere aus zweierlei Gründen diskussionsbedürftig.

00:08:38: Einerseits statuiert sie eine Pflicht zur Denuzination.

00:08:42: In Deutschland wollte man den Abkehr von der nationalsozialistischen Gewalt und Willkür Herrschaft bewusst von einer solchen Abstand nehmen.

00:08:51: Wir kennen zum Beispiel eine Anzeigepflicht im Paragraf hundertdreißiges DGB, aber auch nur für schwere Straftaten und das auch nur, wenn der Erfolgseintritt noch abgewendet werden kann.

00:09:03: Zudem ist ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht nach Paragraf hundertdreißiges DGB nur vorsätzlich oder leichtfertig möglich.

00:09:11: Im Falle der sanktionsrechtlichen Hinweispflicht sollen dagegen oft bereits begangener Verstöße mehr deflechtig sein und selbst das fahrlässige Unterlassen der Meldung ihres Bußgeld bewährt.

00:09:23: Andererseits kann es auch zur Kollision mit dem nemotinierter Grundsatz, also mit der selbstbelastungsfreie kommen.

00:09:31: Die Hinweispflicht kann nämlich sehr weit verstanden werden.

00:09:34: Zwar sagt das BAFA, dass die Hinweispflicht nicht greife, wenn das Risiko einer Strafverfolgung gegen sich selbst oder einen nahengehörigen bestehe.

00:09:42: Danach müsste man also keine eigenen Sanktionsverstöße oder solche nahe Angehörigen melden.

00:09:48: Die Ausführung des BAFA in seinen FAQs haben jedoch keinen rechtzerbindlichen Charakter.

00:09:54: Das heißt, Ermittlungsbehörden sind daran nicht gebunden.

00:09:56: Da ist es

00:09:57: gerade gefallen, niemand muss sich selbst belasten.

00:10:00: Gilt dieser Grundsatz auch bei juristischen Personen?

00:10:03: Das ist eine sehr relevante Frage in der Praxis.

00:10:06: Es ist im deutschen Recht nämlich umstritten, ob der Niemontinetor Grundsatz auf juristische Personenanwendung findet.

00:10:12: Die Rechtsprechung und die Strafverfolgungsbehörden sind eher der Ansicht, dass sich Unternehmen nicht auf die Selbstbelastung frei berufen können.

00:10:22: Die logische Schlussfolgerung daraus wäre, dass Unternehmen grundsätzlich verpflichtet sind, auch eigene Sektionsverstöße zu melden.

00:10:30: Man kann sich dann zwar über den Fall streiten, ob ein Geschäftsführer oder Vorstand verpflichtet sein kann, einen Verstoß, den er selbst zu verantworten hat, zu melden und sich so mit dem Risiko der persönlichen Strafverfolgung auszusetzen.

00:10:45: Man sollte aber auch bedenken, dass jeder Mitarbeiter im Unternehmen der Kenntnis von einem Sanktionsverstoß im Unternehmen hat, grundsätzlich der jedermannen Hinweispflicht unterliegt und den Verstoß beim BAFA oder bei der Bundesbank melden müsste.

00:11:00: Zudem wäre im Fall eines Wechsels der Unternehmensführung die neue Unternehmensführung eigentlich dazu verpflichtet, die bekannt gewordenen Verstöße der ehemaligen Unternehmensführung zu melden.

00:11:13: Denn alles andere wäre theoretisch ordnungswidrig.

00:11:16: Ich würde sagen, das war eine gelungene Premiere hier im Podcast.

00:11:20: Danke für die Erläuterungen.

00:11:21: Gibt es noch ein Schlusswort zu diesem Thema?

00:11:23: Also ich glaube, dass wir im Ergebnis festhalten können, dass die sanctionsrechtlichen Hinweispflichten ein jedenfalls nicht unspannendes Thema sind, das Anlass zur Diskussion bieten kann.

00:11:35: Zudem bedarf es einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung, wann die Hinweispflicht im Einzelfall eigentlich einschlägig ist und wann es angezeigt sein kann, ein bereits erfolgtes eigenes Unterlassen der Abgabe einer Meldung selbst gegenüber den Behörden auf und zu legen.

00:11:51: Vielen Dank.

00:11:52: Vielen Dank für das Gespräch.

00:11:53: An Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, vielen Dank fürs Zuhören.

00:11:56: Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, melden Sie sich wie immer jederzeit gerne unter infoetrosinos-onminus-er.com.

00:12:03: Bis zum nächsten Mal.

00:12:05: Der Podcast stellt lediglich einen allgemeinen Überblick über rechtliche Themen dar und ersetzt selbstverständlich keine Rechtsberatung zu konkreten Fragestellungen im Einzelfall.

00:12:15: Bei Fragen wenden Sie sich an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Ihres Vertrauens natürlich auch gerne an uns.

00:12:22: www.rosinus-on-r.com oder unter

00:12:27: www.rosinus-partner.com.

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